EKD-Protestantismus von oben

Kanzelreden sind eine schöne Idee: Es steht mal nicht die Gemeindepfarrerin vorne und predigt, sondern es kommen andere Menschen zu Wort, die auch Hirn haben und Lebenserfahrung, Hoffnungen und Wut. Es muss auch keine Predigt in einem Gottesdienst sein, eine Kanzelrede kann auch einfach ein Vortrag sein – in einer Kirche und in einem Kontext, wie er eben auch in jeder Predigt benötigt wird: was hat das, was ich euch sagen will, mit mir, mit euch, mit dem Glauben zu tun und von wo leite ich es her?

Was macht die EKD, die Verwaltungs- und Spektakelorganisation der evangelischen Landeskirchen? Sie setzt eine Reihe von “Kanzelreden  zu Reformation und Freiheit” auf, die ausschließlich von Politikern gehalten werden, eingerahmt mit Auftakt und Abschluss von zwei Ober-Pfaffen.  Zu Wort kommen also Leute, die den ganzen Tag schon das Wort ergreifen, die mit großer Wahrscheinlichkeit wenig Zeit zum Nachdenken und Meditieren haben, von denen ich jedenfalls keine spannenden Überlegungen mehr erwarte, denn: Babbeln ist ihr Geschäft, Routine pur.

Es sind zudem Menschen, die auch ganz formal in gesellschaftlicher Verantwortung stehen, die zur Verantwortung gezogen werden müssen, denen die Leviten zu lesen sind, die viel mehr zuhören müssten als reden.

Markus Dröge (Bischof der EKBO), Hubertus Heil (stellv. Fraktionsvorsitzender der SPD), Kerstin Griese (SPD) Wolfgang Schäuble (CDU, Bundesminister der Finanzen), Volker Kauder (Vorsitzender der CDU/CSU-Fraktion), Rebecca Harms (Fraktionsvorsitzende der Grünen im Europäischen Parlament), Hermann Otto Solms (FDP, Vizepräsident des Deutschen Bundestages), Bernhard Felmberg (Bevollmächtigter des Rates der EKD). Das sind die Berliner EKD-Prediger. So sieht evangelische Freiheit aus, so evangelische Reformation der Gegenwart. Die kirchlichen Herrscher kungeln mit den weltlichen (neuerdeutsch: mit der politischen Klasse). Und das (Kirchen)-Volk darf klatschen.

Kanzelreden im Kulturforum der Matthäus-Kirche Berlin-Tiergarten – Innovation pur.

PS: Wie reformiert ist eigentlich eine “Kirche”, die auf dem Veranstaltungplakat groß mit einem Mitveranstalter, Sponsor oder was auch immer wirbt namens “Der Bevollmächtigte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland bei der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Union”.

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