Pfannekuchenschnitzel

Einige Mythen ranken sich inzwischen um das, was in unserem Hause an Weihnachten verzehrt wird, spätestens seitdem auch mit diesem Essen gut geratene Pubertisten das ein oder andere, völlig aus dem Zusammenhang gerissene Detail in ihre jeweilige Community geworfen haben. Obelix gleich sollen da ganze Schweine auf den Tisch kommen, die mit Teigfladen verspeist werden.
Zunächst: seit dem gestrigen Heiligabend bereichert ein weiteres Vegan-Kochbuch den Fudus unserer Speiseideen, und ich werde zumindest alles, was mir darin neu ist, in Kürze ausprobieren.
Aber an Weihnachten gibt es eben diese ominöse Konstruktion aus Schwein und Pfannkuchen, und zwar auch nur an Weihnachten. Da die selbstgemachte Familie groß und chaotisch genug ist, besteht auf absehbare Zeit keine Chance, an eine Einladung zu diesem kulturell wie kulinarisch hochwertigen Fest zu gelangen, weshalb hier nun die Offenbarung des Rezepts erfolgen soll.
Wer immer es ausprobieren will, verpflichtet sich allerdings vor Gott und der Menschheit, kein Jota von der Regieanweisung zu weichen und insbesondere Pfannekuchenschnitzel niemals anders als mit Feldsalat in süßer Meerrettich-Senf-Soße zu verzehren. Ohne drohen zu wollen: Oma Rieg, der ich die Kenntnis dieses Gerichts verdanke, war herzensgut, aber streng.

Das Grundsetting:
Man nehme dünne Schweineschnitzel (aus der Ober- oder Unterschale), würze sie, tauche sie in Pfannekuchenteig und brate sie in der Pfanne. Hernach in einer Auflaufform im Backofen (je nach Dicke und gewünschter “Zartheit”) fertig garen und durchziehen lassen. Dazu Feldsalat.

Und nun im Detail sowie am Ende die Tipps bzw. Antworten auf Rückfragen. Mengenangabe für ca. 15 große Schnitzel.

Schnitzel sollten auf Stufe 7 geschnitten sein. Dann passt das Verhältnis von Teig zu Fleisch, das auch seine Struktur behält. (Dass Schnitzel Kauwiderstand leisten müssen, habe ich schon mal am Rande erwähnt.) Beim Metzger bzw. Hausschlachter unter Aufsicht auf der Maschine schneiden lassen (wenn man kein eigenes Gerät hat; mit dem Messer jedenfalls wird das nichts). (ca. 2 Kilo)

Der Pfannekuchenteig muss etwas dicker sein als normal, er darf sich also in einer Testpfanne nicht zu einem dünnen Crep ausschwenken lassen. Außerdem enthält er mehr Eier. Den Teig mindestens 3 Stunden (besser einen Tag) vorm Braten anrühren, damit er gut durchziehen kann

1 kg Mehl (davon 600 helles Weizenmehl, Typ 405 bis 1050; 200 g Vollkorndinkelmehl; 200 g Buchweizenmehl)
1,2 Liter Rohmilch oder “frische Vollmilch”
8 Eier
1 EL Salz

Zwei Pfannen mit wenig Margarine erhitzen.
Derweil die ersten (vier) Schnitzel von einer Seite mit Salz und Zitronenpfeffer würzen (ich verteile Pfeffer immer bewusst ungleichmäßig, wie bei Pizza oder Paella entstehen so unterschiedliche Geschmacksbereiche).
Ein Schnitzel mit einer Hand an einem Ende greifen und umgedreht in den Teig legen (also gewürzte Seite nach unten), nun obere Seite mit Salz und Paprika würzen, ein wenig in den Teig eindrücken, wieder an einem Ende greifen und mit der anderen Seite in den Teig legen, von dort direkt in die heiße Pfanne. Normalerweise werden zwei große oder drei kleine bzw. halbe Schnitzel in eine Pfanne passen. Deckel drauf und solange geschlossen lassen, bis die obere Teigschicht gerade geronnen ist. Dann Deckel abnehmen, Pfannekuchenschnitzel geschickt wenden, noch einen Augenblick von dieser Seite auf höchster Stufe anbraten, dann in eine offene Auflaufform geben und sammeln.
Wenn alle Schnitzel gebraten sind, Deckel auf die gefüllte Auflaufform und bei ca. 200 Grad solange backen bis der Teig “brutzelt”, also das Fett auf ihm kleine Blasen wirft. Dann sofort ausschalten, je nach gewünschter Konsistenz des Fleisches weiter im Ofen belassen oder herausnehmen.

Dazu gibt es Feldsalat. Für die Soße:
1 Becher Saure Sahne (200g)
1 Becher Schmand (200g)
1 Becher Joghurt (150-200 g)
3 EL Essig
1 EL Olivenöl
2 EL Meerrettich
4 EL Zucker
2 EL Senf
Salz, Pfeffer, Paprika rosenscharf
nach Belieben abschmecken

Am Anfang den Essig mit Zucker, Senf, Meerrettich und Schmand verrühren, dann die übrigen Zutaten dazu. Am Ende sollte die Soße kräftig süßlich-säuerlich nach Meerrettich schmecken.
Diese kräftige Soße (bzw. einen Teil davon) dann über den gewaschenen und abgetropften Feldsalat (bzw. einen Teil davon) geben. Wenn die Soße dann nicht flüssig genug ist, einen kleinen Schluck Milch dazu.

Pfannekuchenschnitzel und Feldsalat in ihren Schüsseln auf den Tisch stellen und die Versammlung schlemmen lassen, dazu jeweils ein Schnitzel und viel Feldsalat auf den Tellern nehmen (muss zusammen gegessen werden, die Salatsoße gehört zum Pfannekuchenschnitzel!). Und die Pfannekuchenschnitzel unbedingt mit Maggi würzen (es ist wirklich das einzige Gericht, zu dem ich diese komische Soße verwende, aber hier ist sie ein absolutes Muss, nicht nur der Tradition wegen!).

Tipps / Hinweise:

* Das Ganze ist erkennbar keine Hexerei. Trotzdem kann es sein, dass Ihnen das Umhüllen der Schnitzel mit Teig am Anfang nicht gut gelingt, es freie Stellen gibt, die Gewürze im Teig hängen bleiben – was auch immer. Da kann man nur sagen: üben. Ist der Teig zu dick geraten, lässt er sich ohne Probleme selbst noch in einer flachen Schale mit Milch strecken.

* Eier immer einzeln in eine Tasse / ein Glas / eine Schüssel aufschlagen, nicht nur wenn man wie wir Hühner hat, die befruchtete Eier legen, sondern auch damit man Schalensplitter erkennen und rausnehmen kann.

* Um klümpchenfreien Pfannekuchenteig gibt es viel Bohei. Dabei ist es ganz einfach:
a) der Teig muss am Anfang möglichst fest sein, weil nur dann Reibung entsteht und sich vorhandene Mehlnester auflösen können;
b) vermischt sich Weizenmehl unproblematisch mit Wasser und auch recht anstandslos mit Vollmilch (trotz des Fetts darin);
c) sollte das Unglück trotzdem zuschlagen, mit dem Quirl (“Zauberstab”) oder in der Küchenmaschine mit Messer- statt Knetaufsatz nachbearbeiten.

Die Reihenfolge ist also:
1. Ein erster Teil vom Mehl
2. Milch und Mehl nach und nach dazugeben, so dass stets ein fester Teig (Brei) entsteht (der glatt gerührt wird).
3. Dann die Eier einzeln hinzugeben und unterrühren,
4. danach die weitere Milch, bis die richtige Konsistenz erreicht ist. Salz und ggf. Gewürze / Kräuter.
Das Ganze geht mit dem Schneebesen, dem elektrischen Handrührer oder der Küchenmaschine.

* Beim Würzen und Wenden im Ausbackteig am sinnvollsten den beiden Händen klare Aufgaben zuzuteilen, z.B. mit links die Schnitzel fassen und im Teig wenden, mit rechts die Gewürze bedienen. Sonst ist am Ende alles mit Teig verklebt.

* Wie üblich bei Weizenteig: zum Spülen erstmal kaltes Wasser verwenden, damit geht alles ab. Bei heißem Wasser verklebt der Teig (gart quasi). Danach kann man immer noch mit Spülmittel und warmem Wasser die Gerätschaften polieren.

* Wer von vornherein (wie wir) das Essen für zwei Tage plant, sollte zunächst nur die eine Auflaufform im Ofen fertig backen, die zweite nach dem Abkühlen im Kühlschrank lagern und erst am nächsten Tag direkt vor dem Verzehr in den Ofen geben. Durchgebraten sind die Schnitzel ja schon in der Pfanne, es geht beim Backen mehr ums “Mürbewerden” und die Geschmacksverteilung. Schnitzel grundsätzlich nur im Notfall in einer Microwelle aufwärmen – in jedem Fall besser ist ein Ofen oder auch eine Pfanne.

* Wenn Teig übrig bleibt, mit etwas Milch strecken, normale Pfannekuchen backen und einfrieren. Kann man wunderbar wieder warm machen oder z.B. kleingeschnitten als “Flädlesupp” essen.

* Phantastisch gelungen ist dieses Nachkochen in Kanada, vielen Dank für die Zusendung (Maggi Würze heißt dort konsequenterweise “Seasoning“:

Schreibe einen Kommentar zu Brotbacken – Blogübersicht – Timo Rieg – Statements Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert