Gemeinsame Gräber für Menschen und Nazis? (KW38)

Maxi+ Bereits im Juni*) war die “gemeinsame Bestattung von Mensch und Tier” kurz Thema. Eigentlich unspektakulär, aber Sprecher zweier evangelischer Landeskirchen haben das dann doch mal abgelehnt – mit haarigen Begründungen. Denn um ein regeligiöeses Ritual muss es dabei gar nicht gehen (also auch nicht um “Glauben”, “Taufe” etc.) – es freuen sich die freien Trauerredner, wenn Pfarrer ihnen Platz am Grab machen. Zum anderen warte ich seit Jahren gespannt darauf, dass mir ein Theologe “den Unterschied zwischen Mensch und Tier” zeigt. Und dann bitte noch evolutionsgeschichtlich den Moment, da “der Mensch” entstand – von Gott geschöpft und doch im Einklang mit der Naturwissenschaft. Die Seele, die die meisten Pfaffen nur dem Menschen zusprechen, muss ja von einem auf den anderen Tag in die dann menschgewordenen Tiere gefahren sein – eine evolutionäre Entwicklung von Kleinst nach Großseele ist im theologischen Weltbild nicht vorgesehen.
Immer wieder schön, wenn Altphilologen mit 6-Wochen-Hebraicum einem die moderne Welt erklären wollen.

+ Lässt sich für Mikowellenfraß-Verkaufsstellen die Bezeichnung “Restaurant” nicht verbieten, so von wegen Irreführung? #werwohl

+ Auch auf deutschen Bahnhöfen muss es Gleise der Art 9 3/4 geben

+ Navid Kermani spricht, sein Buch “Ungläubiges Staunen” promotend:
>>Religion soll heute zu allem eine richtige Meinung vertreten – sei es zu Flüchtlingen, sei es zur Lohnentwicklung. Aber darauf, dass man Flüchtlingen hilft und Löhne gerecht sein sollen, kann man schon selber kommen, dazu braucht man keine Religion. Ich brauche Religion, um Gott zu erfahren, den ich nicht unbedingt verstehe, aber vielleicht in Momenten der Verzückung wie der Not als eine Wirklichkeit erlebe.<<
Arnd Brummer widerspricht, betonend, Kermani niemals ein “Sie gehen mir auf den Sack!” entgegenzurufen.
Kremanis schönes Statement wird allerdings etwas beschmutzt durch seine bezeichnende erste Antwort in dem Interview. Denn die Frage von Alexander Cammann wäre in der Tat klogriffig, hätte er nach islamisch motivierter Gewalt gefragt. So aber hat Muslim Kermani, der sich gerade doch am Christentum ergötzt, Religion nur auf die seine bezogen. Der erste Ballwechsel:

DIE ZEIT: Herr Kermani, im Namen der Religion werden heute entsetzliche Grausamkeiten verübt. Zweifeln Sie als gläubiger Muslim nicht manchmal am Glauben?

Navid Kermani: Ich übergehe mal den Umstand, dass ich ein Buch über das Christentum geschrieben habe, aber Sie mich zuerst über die Gewalt im Islam befragen, und bemühe mich um eine Antwort.

+ Es gibt dumme Fragen. Vermutlich sind die meisten Fragen dumm, Zeugnisse dummer Fragesteller, wobei “dumm” nicht “unwissend” meint, sondern “denkfaul”, ggf. auch tatsächlich schlicht unfähig. Ein zwischen Tür und Angel zugerufenes “Wie geht’s?” (oder: “Alles klar?”) ist zum Beispiel grottendumm, weil es darauf ja gar keine ehrliche Antwort geben soll, weil dafür der Raum nicht wäre, die Zeit nicht und in vielen Fällen auch nicht die Beziehungsebene. Coram publico gefragt ist es die Aufforderung zur Selbstinszenierung, zu professionellem Lug und Trug.
Internetumfragen sind meist von ähnlicher Qualität, insbesondere die unglaublich communityfördernden Debattenanstubser auf Facebook: “Wie seht ihr das?”
Publik Forum nun fragte seine Leser: “Sollten Fußballvereine Polizeieinsätze bei Spielen selbst bezahlen?
Das ist, mit Verlaub, eine dumme Frage, und Journalisten unwürdig. Reicht es nicht, dass selbstvermarktende Politiker mit solchen Forderungen Aufmerksamkeit beanspruchen? Wenn die Polizei meint, mit ihrer Präsenz öffentliche Sicherheit herstellen zu müssen, dann ist das ihr ureigenster Job, für den sie übrigens bereits bezahlt wird, vom Steuerzahler. Nächste Stufe der Dummfragerei wäre sonst natürlich: “Sollen Nazis die Polizeieinsätze bei ihren Demos künftig selbst bezahlen?”  Sehr subversive Idee, wie man missliebige Gruppen finanziell ausbluten kann: einfach mit Krawall drohen und teure Polizeieinsätze provozieren.

+ Über den Feminismus an sich zu schwadronieren ist nicht meine Sache. Was Sinnvolles zu sagen ist, wird zigfach gesagt, aber das Unsinnige wird nicht konsequent veralbert. In einem späten Nachklapp zu Ronja von Rönne’s ohnehin schon totgeredeten geilo Text „Warum mich der Feminismus anekelt“ sinniert nun der stellvertretende Cicero-Chef Alexander Marguier über die Notwendigkeit feministischer Männer. Das ist fast so ulkig wie seine Feststellung, Spitzenleute der Gewerkschaften strahlten allzu oft eine “Mischung aus Humorlosigkeit und Rechthaberei” aus – was man als Tiefenwitz nur in Verbindung mit dem online auf gleicher Höhe applizierten Autorenfoto verstehen kann. Der feministische Mann ist übrigens einer, habe ich gelernt, der “Mann” als Schimpfwort empfindet und angeekelt ist von (mutmaßlichen) Geschlechtsbrüdern, die Frauen auf den  Hintern schauen, und sei es nur in der Fiktion.

+ Wie unglaublich schlecht Facebook programmiert ist, merkt man besonders einfach bei einer sehr maroden Funkverbindung. Alles läuft, sogar – kein Witz! – die Deutsche Bahn. Nur Facebook rödelt sich natürlich zu Tode, weil sich die Tentakeln des Datenkraken in den Eingeweiden des Notebooks verfangen haben und dort nur mit 43 Trillionen Gigabyte wieder freigebuddelt werden können.
Ich glaube ja nach wie vor, Facebook-Technik is sponsored by Sozialkassen.

*)=Wieder einmal sind Notizen wochenlang liegen geblieben – das dünnt dann wenigstens die Menge aus, weil sich vieles überholt hat. Was noch ging, habe ich hier verbloggt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert