Loveparade-Katastrophe: Polizei wusste alles besser

Und wieder meldet sich eine Polizeigewerkschaft zu Wort, diesmal – bislang – die kleinere “Deutsche Polizeigewerkschaft” und nicht die “Gewerkschaft der Polizei” (Unternehmen Freiberg). Es geht um die Loveparade in Duisburg. Man hätte das alles geahnt und sei immer dagegengewesen und so. “Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, sieht die Verantwortung bei der Stadt und den Veranstaltern.” (focus)

Wenn man Wendt folgt, bekommt man den Eindruck, die Polizei sei eine autonome Kraft, ein eigenständiges Sicherheitsunternehmen, das auf dem Markt des Wettbewerbs agiert und lobbyistische Unternehmenspolitik für sich macht:

„Natürlich legen wir immer ein Konzept vor, ob das angenommen wird, liegt in anderen Händen“, so Wendt zu BILD.de. „Wir haben nicht einmal ein Veto-Recht.“ (Bild)

a) Ein Polizeigewerkschaftsvorsitzender dürfte aus seinem Amt heraus kaum etwas zur Loveparade zu sagen haben. Nur weil er von anderen Polizisten zu ihrem Oberlobbyisten ernannt worden ist, müssen sich die Medien nicht für seine Weltsicht interessieren.

b) Wenn es aber so sein sollte, dass die Polizei schon lange die Lovepaade in Duisburg für ein nicht hinnehmbares Sicherheitsrisiko gehalten hat, wäre journalistischerseits zu fragen, wie weit der Kadavergehorsam hier geht, gehen darf oder gehen muss. Nächste Stufe ist dann vielleicht: “Wir haben immer gesagt, man darf Demonstranten nicht erschießen, aber auf uns hört ja niemand.”

c) Soll es daher beruhigend sein zu lesen, dass “die Tragödie” nun “akribisch untersucht” wird? Von der Polizei, die sich natürlich selbst nichts vorzuwerfen hat, deren Duisburger Präsident Detlef von Schmeling bereits seit gestern das Sicherheitskonzept verteidigt? Laut Medienberichten hat die Staatsanwaltschaft bisher nur Unterlagen beim Ordnungsdezernat der Stadt beschlagnahmt – nicht aber bei der Polizei.

d) Dass sich mit der Polizei und der Polizeigewerkschaft vielleicht gerade eine Lobbygruppe von Tätern, nicht von Opfern zu Wort meldet, dünkt den Medien bisher offenbar nicht. Es wäre nach dem, was bislang bekannt ist, zumindest eine sehr naheliegende Rechercheoption.

[Fotos zum Unglück]

Update 26. Juli, 21 Uhr: Die Polizei Duisburg gibt nach Angaben von Spiegel-Online tatsächlich die Ermittlungen an die Kölner Kollegen ab. Das ist immerhin anständig. Dass es gleichwohl für die Ermittlung in eigenen Reihen wirklich externe Prüfer bräuchte, ist ein anderes Thema.

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