Zur Bescheidungs-Debatte

Liebe Frau Pastorin Susanna Faust-Kallenberg,

Sie haben eine “Argumentationshilfe zum Beschneidungsverbot” vorgelegt, im Namen des “Zentrums Ökumene” der evangelischen hessisch-nassauischen Landeskirche. Dabei argumentieren Sie relativ zielstrebig für ein Eltern-Recht der Penisbeschneidung nicht einwilligungsfähiger Jungen. Neues oder Interessntes habe ich darin nicht gelesen, daher hätte ich es wie so vieles einfach weggeklickt, stünde da nicht der Satz: “Die Kirchen unterstützten mit ihren Aussagen die jüdischen und islamischen Religionsgemeinschaften” [für ein Recht auf Zwangsbeschneidung].

Es sind nicht “die Kirchen”, die sich da zu Wort melden, sondern fast ausschließlich PfarrerInnen. Der Unterschied ist wichtig und sollte deutlich gemacht werden. Ich z.B. bin nicht weniger evangelische Kirche als Sie, wir beide bilden sie halt nur zu einem ganz kleinen Teil.

Meine zentralen Fragen und Entgegnungen zu Ihrem Beschneidungs-Plädoyer:

* Warum engagiert sich die evangelische Kirche so sehr in dieser Sache, und zwar ohne jegliche Darglegung der eigenen “religiösen Praxis” (die Beschneidung eben ablehnt)? Siehe: Die Beschneidungs-Kirche

* Wäre es für Sie auch ein Thema gewesen, wenn es keinen jüdischen Beschneidungs-Ritus gäbe? Ich kann es mir nicht vorstellen.

* Was ist der Unterschied in der Genitalbeschneidung von Jungen und Mädchen? Ein solcher wird kategorisch behauptet, aber nie dargelegt. Siehe: Unbedeutende Vorhaut?

* Statt den Quatsch mit der “Hygiene” widerzukäuen, hätten Sie etwas zur Geschichte der Beschneidung sagen sollen (die alles andere als spezifisch jüdisch und muslimisch ist), vor allem zu den paternalistisch-erzieherischen Motiven (Einschränkung der sexuellen Selbstbestimmung).

* Das Gesetz zur Legalisierung der Jungen-Beschneidung stellt gerade nicht auf Religionsfreiheit ab (weil es auch wenig damit zu tun hat), es schafft vielmehr einen ethisch völlig unbegründeten, willkürlichen Ausnahmetatbestand.

* Eine evangelische Positionierung vermisse ich bei Ihnen wie allen anderen bisher gelesenen Stellungnahmen von Vertreter_innen evangelischer Kirchen völlig. Ich verweise hier mal auf einen Artikel von Jochen Vollmer; die damaligen Reaktionen von Vertretern evangelischer Kirchen zeigen die selbe Denkverweigerung wie in der Beschneidungsdebatte. Um den Bogen noch etwas weiter zu spannen: Man ist kein Antisemit, wenn man das Schächten von Tieren unzeitgemäß findet.

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