Demografischer Wandel ist nicht Ursache für Rückgang der Kirchenmitgliederzahlen

Man kann sich natürlich auch solange in die eigene Tasche lügen, bis man das Hemd ohne eine solche anzieht. Oder vorher mal reinen Tisch machen, solange der Geist noch halbwegs fit ist.

Seit Jahren beten die Kirchen zu sich selbst, was nun bei der EKKW wieder zu lesen ist: Für den Mitgliederschwund sei überwiegend bis fast ausschließlich der „demografische Wandel“ verantwortlich.

Ist er nicht.

Denn das Meiste, was unter demografischem Wandel verstanden wird, hat mit der Kirchenmitgliedschaft nichts zu tun, etwa der Altersverteilung in der Bevölkerung rsp. Mitgliederschaft oder ihre sozialräumliche Verteilung.

Der Mitgliederschwund der Kirchen entsteht durch Austritte (denen nur wenige Wiedereintritte bzw. Erwachsenentaufen gegenüber stehen) und ein Verhältnis von Taufen zu Bestattungen kleiner eins, sprich: es kommen weniger (formale) Mitglieder nach als biologisch ausscheiden.

Für diese Entwicklung ist nur zu etwa einem Zehntel die Bevölkerungsveränderung verantwortlich. Logisch: wo keine Kinder geboren werden (oder aus dem Ausland hinzuziehen) können auch keine getauft und zu Mitgliedern werden. Nur: der Bevölkerungsrückgang in Deutschland beträgt jährlich etwa 0,2%, der Mitgliederrückgang der evangelischen Landeskirchen 2%, also das Zehnfache.

Es werden eben längst nicht mehr alle Kinder getauft, wie das früher mal üblich war. Und getaufte Kinder treten aus der Kirche aus, sobald sie den ersten Lohnzettel bekommen und sehen, dass der Spaß auch was kostet. Wieviel die Kirchen daran aus eigener Kraft ändern könnten, ist eine andere, berechtigte Frage. Der Mitgliederrückgang ist jedenfalls nicht mit einem „demografischen Wandel“ quasi als Naturgewalt zu erklären. Sehr wichtig wäre daher, sich mit dem Bedeutungsverlust von Kirche zu beschäftigen. Der ist nämlich nicht nur vom demografischen Wandel, sondern auch von den Mitgliederzahlen weitestgehend unabhängig.

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