Scheißwort

Man kann in einer warmen Sommernacht natürlich, jaja, schöneres tun als am Computer sitzen und schreiben. Aber das ist – ischwör – gar nicht der Grund für meinen Frust. Es ist wie so oft in den vergangenen 20 Jahren die Unzulänglichkeit von Microsoft – und die ist ein politisches Problem.
Denn in die lange Liste „Was nicht zur Wahl steht“, wenn in Deutschland gewählt wird, gehört auch das: eine funktionsfähige Textverarbeitung. Braucht nicht jeder, aber ich bin mir sicher, dass in einer Demokratie die deutliche Mehrheit einsehen würde, dass es gar nicht schlecht ist, wenn so eine zum Alltagswerkzeug vieler gewordene Software auch funktionieren würde. Zuverlässig. Fehlerfrei. Tut sie halt nicht.
Dann würde man in einer Demokratie wohl für Abhilfe sorgen, ein „public domain“ Programm schaffen, steuerfinanziert und für alle gratis zu haben. Und das wäre gerade keine Wettbewerbsverzerrung, wie die Libertären sofort rufen. Genau das wäre Wettbewerb: es kann sich jeder einzelne die völlig unzureichenden Programme von Microsoft kaufen, oder man beschließt gemeinschaftlich, etwas eigenes schaffen zu lassen. Microsoft hatte wahrlich lange genug Zeit, sich mit den Kinderkrankheiten seiner Produkte zu befassen.
Schon WordStar konnte alles, was ich von einer Textverarbeitung erwarte, sogar Register erstellen. Vielleicht ist mein Blick zurück ein wenig verklärt, aber ich kann mich da an keinen einzigen Absturz erinnern. MS Word hingegen verschluckt sich regelmäßig an seinen eigenen Dateien. Oft kann „Open Office“ dann noch weiterhelfen, aber auch das kann man leichterhand in die Knie zwingen.
In anderen Bereichen kam die Idee selbst schon bei Politikern auf. Als einigen etwa dünkte, die Abhängigkeit von Google könnte als unbefriedigend empfunden werden. Ja, es gab auch mal Suchmaschinen von Universitäten – aber man hätte da vielleicht ein paar Euro investieren müssen, um mithalten zu können – und den Zugang zum digitalen Wissen nicht einigen Aktivisten und ansonsten Kapitalisten überlassen müssen.
Wo hingegen vor Urzeiten mal eine Staatsaufgabe gesehen wurde, bleibt sie natürlich aller Realität zum Trotz bestehen. Ich sage nur: Fernsehen. Öffentlich-rechtlicher Rundfunk stammmt aus einer Zeit, als es nichts anders gab und auch kaum geben konnte (von wegen notwendigem Investitionskapital). Das ist jetzt aber auch fast 30 Jahre überholt – doch der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat so viele Sender wie nie zuvor und kostet uns ein Vermögen (natürlich kein Steuervermögen, es ist ja jetzt die staatsunabhängige Haushaltsabgabe).
Public-Domain-Programme stehen am 22. September nicht zur Wahl, jedenfalls nicht realistisch. Wie so vieles andere. Davon demnächst mehr.

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