Politiktüten

Wann ging das jetzt los mit den Plastiktüten? Irgendwann letzte Woche, als die ersten Ankündigungen publiziert wurden, die EU-Kommission wolle Vorschläge machen, um den Verbrauch von Plastiktüten zu verringern (eigentlich wohl: die Produktion oder Verbreitung von oder Weltvermüllung mit Plastiktüten). Und nun: Dauerbeschuss. Auf allen Kanälen.

Was zeigt uns das? Vor allem zwei Dinge.

a) Wie reflexhaft Journalismus funktioniert. Und wie gleichförmig er ist. Wie erwartbar, austauschbar, – verzichtbar. Weder hat er das Thema in den letzten Jahrzehnten freiwillig so bearbeitet, dass er jetzt gelassen darauf verweisen könnte, noch hat er überhaupt jemals Interesse an Themen, die nicht gerade von Politikern vorgegeben werden.

b) Wie unfähig Berufspolitiker sind. Plastiktüten gibt es seit den 1960er Jahren. Es gibt also inzwischen jahrzehntelange Erfahrungen mit Kunststofftüten. Man sieht sie überall auf der Erde, ob nun beim Spaziergang vor Ort, im Urlaub oder im Fernsehen. Man weiß seit Jahrzehnten, dass unzählige Tiere an ihren verenden, dass sie nicht biologisch abbaubar sind und vor allem die Meere schwer belasten, aber letztlich aufgrund der Kreisläufe auch den Menschen als Müllproduzenten selbst. Verantwortliche Politik hätte spätestens den ersten an Plastikmüll im Magen verreckten Wal zum Anlass genommen, die Produktion von Plastik einzuschränken (und Kunststoffe lassen sich bei vielen Produkten, die für den täglichen Abfall sorgen, ersetzen) und den Export von Müll zu unterbinden.

Aber Politiker wurschteln bekanntlich nur. Sie haben keine Ziele, bei deren Erreichen man glücklich sein könnte. Deshalb verbieten sie uns die Glühbirne und heizen ihre eigenen Büros mit Erdöl. Und deshalb werden sie auch nichts effektiv gegen die Vermüllung der Welt tun. Sie werden irgendwas verbieten, diverse Vorschriften machen, ein weiteres Doofenpfand einführen, kurz: Bürokratie und Kosten verursachen halt. Aber unter gar keinen Umständen werden sie ein Problem lösen.

Das würde nur ein Bürgerparlament schaffen.

Appendix:
* In Bangladesch sollen Kunststofftüten schon seit 13 Jahren verboten sein (Wikipedia).
* Allein im Nordpazifikwirbels zwischen Nordamerika und Asien (“Great Pacific Garbage Patch”) sollen 100 Millionen Tonnen Kunststoffmüll treiben, jährlich gelangen 6 Millionen Tonnen weiteren Plastikmülls ins Meer (Arte).
* Arte-Bericht: Der Fluch der Meere (Youtube)

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