Schlagloch-Soli: Ein Segen für die Menschheit
# Wozu kommentiert man überhaupt das „Weltgeschehen“ – ob nun analog mit Prösterchen oder digital mit unbekanntem Publikum? Es ist die Frage, die mich als Publizisten schon lange umtreibt – und vermutlich alle Kollegen. Was bringts? Demokratie sei ohne Pressefreiheit nicht möglich, heißt es in den entsprechenden Berufsbekenntnissen – selbstvergewissernd oder therapeutisch.
Mein Werben für aleatorische Demokratie ist in jedem Fall auch der Versuch, eine Antwort möglich zu machen: „Ja, jede Diskussion über Gemeinschaftsthemen ist sinnvoll, weil sie dem eigenen Verstehen hilft und jeder gute Gedanke eine Chance hat, unser (Zusammen-)Leben angenehmer zu machen.“
Noch ist das freilich nicht so. Die „Entpolitisierung“, der „Rückzug ins Private“ ist unter den herrschenden Bedingungen für die meisten Menschen die biologisch günstigste Verhaltensoption. Kommentieren und Kommentare wie Nachrichten zu rezipieren ist dann vor allem f3: Unterhaltung.
# „Die Kohle war ein Segen für die Menschheit, sie war die Grundlage der industriellen Revolution; sie trieb die Dampfmaschinen an. Heute ist sie ein Fluch.“ (Marlene Weiß, sueddeutsche.de)
Da würden mich nun aber doch mal die genauen Kriterien interessieren, nach denen man die „industrielle Revolution“ als Segen für die Menschheit bezeichnen muss. Meines Wissens nach hat sie vor allem zu furchtbarer Industriearbeit geführt, zu Monotonie, Massenarmut, Slums – und sie war der Beginn eines gigantischen, globalen Ressourcentransfers. Die Veränderung des CO2-Gehalts inder Luft dürfte da bislang noch – unter menschlichen Gesichtspunkten – das geringste Übel gewesen sein.
# Der Schlagloch-Soli. Nichts Neues unter der Sonne. Sogar die treffende Generalkritik zu dem Vorschlag einer Sonderabgabe zum Unterhalt des Straßennetzes ist zu vernehmen: dass die Geldgier der Berufspolitiker nie gesättigt sein wird, dass sie immer und immer neue Etiketten für Enteignung oder Zwangsarbeit erfinden werden, dass Politiker schlicht nicht mit Geld umgehen können und schon gar nicht als Haushalter taugen, weil ihre „Fiskalpolitik“ eben ausschließlich von Eigeninteressen getrieben wird, die wenig bis nichts mit Gesellschaftsinteressen gemein haben.
Überraschend wäre da nur, wenn endlich mal jemand aus dem Establishment die notwendige Konsequenz daraus proklamieren würde: Politiker niemals über Geld entscheiden lassen! Wozu auch immer Politiker taugen sollen, ganz sicher nicht zur willkürlichen Bestimmung von „Einnahmen“ und „Ausgaben“. Aber natürlich geht das nicht! Das Establishment definiert sich ja gerade über sein Nutznießertum: eine Hand wäscht die andere.
Uneigennützige „Bürgerparlamentarier“ würden natürlich bei jeder Investion in die Infrastruktur (Straße, Schule, Krankenhaus) auch die Unterhaltungskosten der nächsten Jahrzehnte einplanen – bis hin zum möglichen „Rückbau“. Nicht, weil Bürger schlauer sind als Politiker. Sondern weil sie zuhören und verstehen können. Mehr ist nämlich meist gar nicht nötig.
(Auch nicht neu aber hier fürs Protokoll noch zu erwähnen: die journalistische Drögheit, jede Idee zu ignorieren, bis sie von einem „Spitzenpolitiker“ verlautbart wird. Wie kann es eigentlich sein, dass dieser Ministerpräsident Torsten Albig in dieser Form eine öffentliche Diskussion bestimmt?)
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