Nervhood

“Ey Alter (was) laberst du?!” Das sind wohl die höflichsten Worte, die an die vielen lobpreisenden Verehrungsschreiber zu richten sind, die vor “Boyhood” auf ihre abgewichsten Knie gefallen sind. Was hatte ich noch kurz vor dem Kinobesuch bei Programmkino.de gelesen:

“[Regiesseur Richard Linklater] gelingt ein filmisches Familienalbum, das ebenso klug wie komisch, so gefühlvoll wie unsentimental die Zuschauer am Leben einer Patchwork-Familie teilhaben lässt. […] Selten fielen fast drei Stunden auf der Leinwand derart kurzweilig aus. Mehr Kino-Magie wird in diesem Jahr kaum zu finden sein. Ein Meilenstein der Filmgeschichte!”

Der Film ist durch und durch langweilig.
Völlig uninspirierend.
Schon in der ersten Szene überkam mich dieses Oh-Gott-Hilfe-Gefühl. Bub (Ellar Coltrane) und seine Mum (Patricia Arquette) im Auto. Ein schwachsinniger Dialog, wie ihn nur Amis zustande bringen (mag sein, dass die wirklich so gestört miteinander reden, ich beabsichtigt nicht, das irgendwann mal aus der Nähe zu belauschen). Bei jedem Fernsehfilm hätte ich genau nach dieser ersten Minute bereits ausgeschaltet. Aber da waren ja die großen, positiven Rezensionen. Also Geduld, sagte ich mir. Der Autor musste ja tatsächlich in zeitlicher Abfolge drehen, vielleicht war das einfach nur eine ganz unbeholfene Anfänger-Szene.

Aber es blieb so. Ungefähr bis zur 50. Minute, dann habe ich das Kino verlassen. Ich muss mich nicht in einen muffigen Kinosaal mit Popcornfressern setzen, um eine Story serviert zu bekommen, die ich locker während dem dritten und vierten Weizenbier auch notiert bekäme; um banale Familienprobleme extrem schlecht inszeniert zu bekommen, um mich von den eigenen Pubertistensöhnen mit der Zicken-Tochter des Regisseurs zu erholen.

Nicht eine einzige gut fotografierte Szene konnte ein klitzekleinwenig Trost für das Story- und Dialogdesaster bieten.

Besonders bedauerlich, dass damit über dem Bundesplatz ein schlechtes Omen steht, denn als ich mich das letzte Mal auf den Weg dorthin gemacht hatte lief die Verfilmung zu “Das Parfum” – und das war auch eine Katastrophe, weil der Film (Tom Tykwer) mit all seinem Pomp nicht im Ansatz Flair vermitteln konnte, wie Patrick Süskind das allein mit Druckerschwärze vermochte. Gut, da war das Scheitern erwartbar.
Boyhood hingegen ist nun wirklich ein reines Filmprojekt. Aber ein Film ohne gute Bilder? Ohne Handlung, ohne sympathische Protagonisten, ohne Dialoge – und trotz der 12 Jahre langen Beobachtung ohne interessante Dokumentation?
Vielleicht sind die laut tönenden Rezensenten einfach Windows geschädigt: es muss nicht schön oder gut oder nutzbringend sein, man ist völlig zufrieden, wenn es irgendwie läuft. In dem Sinne: Es lebe das Kino!

Boyhood

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