Kindskopfsoldaten

Militärwerbung ist in vielerlei Hinsicht ein Schmarrn. Zuallererst natürlich, weil Militär ein Schmarrn ist. Wer im Geschichtsunterricht nicht all die Jahre durchgepennt hat, wird in jedem kurzen lichten Moment von Militarismus gehört haben, wenn die Steinzeit schon durch war: von Alexander dem Großen über alle Revolutionen bis zum Zweiten Weltkrieg, es waren die Armeen, die “vernichtend geschlagen”  haben oder wurden oder meist beides.

Militärwerbung ist aber auch deshalb Schmarrn, weil sie in ekelhafter Weise auf die Dummheit der Kunden setzt. Soldat sein bedeutet in der Werbung nämlich, Freiheit, Abenteuer und Kameradschaft zu erleben. Dass es ganz banal ums Töten oder Drohen mit dem Tod geht, wird natürlich nicht beworben. Und ob die werbende Armee “zum Frieden beiträgt”, demokratisch kontrolliert, fair geführt und gesellschaftlich verhältnismäßig agiert, soll bei der Entscheidung für den Beruf Soldat keine Rolle spielen.
Daher ist auch die Bundeswehrwerbung bei Kindern und Jugendlichen ein verachtenswertes Unterfangen. Aber nicht, weil es sich bei allen Unter-18-Jährigen laut internationaler Sprachregelung um “Kinder” handelt. Denn genau das ist für 15-, 16- oder 17-Jährig in der Tat eine Scheißbegründung. Unter “Kindersoldaten” versteht der – wie Richter immer so schön formulieren: – durchschnittlich verständige Deutsche wohl nicht gerade Schulabgänger, die statt Wasserwerfer lieber Panzer fahren wollen (wohinter ja, solange die Bundeswehr tatsächlich nicht im Inland eingesetzt werden darf, fast schon eine ehrenwerte Deeskalationsgedanke stecken könnte).
Das falsche Argument bleibt auch fürs richtige Ziel falsch, und deswegen ist die nur aufs jugendliche Alter zielende Rekrutierungspolitik wie alle andere Entmündigung von Jugendlichen: paternalistisch (was ich schon lange am völlig schwachsinnigen “Bundeskinderschutzgesetz” aufzeigen wollte). Die Mätzchen, mit echten Grundschulkindern ein wenig Krieg zu spielen, wird sicherlich auch von den meisten Bundeswehrlern für eine Schnapsidee gehalten.
Viel wichtiger, als der Bundeswehr eine junge Zielgruppe für ihre Werbung zu nehmen, ist es, über die Militarisierung des Landes zu sprechen. Über die Selbstverständlichkeit, mit der deutsche Soldaten längst weltweit operieren – für banale Wirtschaftsinteressen. Über den neuen Patriotismus, der landesweite Tränenrührung fordert, wenn ein deutscher Totschießer totgeschossen wurde. Die neue kirchliche Verbrämung des Militarismus’ als Friedensdienst, die sogar neue fürchterliche Titel wie den des “Militärbischofs” entfesselt.
Vielleicht könnten wir mal mit echten, ungeschönten Bilanzen der bisherigen Kriege unter deutscher Beteiligung sprechen. Das Ergebnis dürfte dann selbstwerbend sein.

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