Sie sind nicht die Jugend

Es hat mich als 16-Jähriger abgestoßen, wenn der bärtige alte Mann, der als einziger Bezahlter qua Job unserem Vorstand angehörte, von „wir als Jugend“ sprach. Während des Studiums ist mir das dann in der sogenannten „Jugendverbandsarbeit“ immer und überall begegnet, wo sich selbst so bezeichnende „Hauptamtliche“ auftraten (anderswo sagt man schlicht Angestellte): Manche  sagten wenigstens noch „wir als Jugendverband“, aber üblich war doch stets kurz von „wir als Jugend“ zu sprechen.
Widerlich. Ich war 15 bis 40 Jahre jünger als diese Funktionäre – und habe mich doch selbstverständlich nicht mehr als „Jugendlicher“ bezeichnet.

Diese Vereinnahmung der Jugend, konkret Jugendlicher (und  das sind nun mal Menschen unter 18) ist mir nicht nur extrem unsympathisch – sie ist vor allem völlig kontraproduktiv: Behaupten doch erwachsene bis senilen Berufslobbyisten, die Anliegen „der jungen Leute“ zu vertreten und ihnen „eine Stimme zu geben“ – doch in Wirklichkeit sorgen sie für die größtmögliche Verzerrung, weil sie natürlich nicht vertreten, was „die Jugend“ will, sondern was sie in den von ihnen geschaffenen, überwiegend unattraktiven Strukturen mit einigen kompatiblen jungen Erwachsenen produziert haben. Ausführlich habe ich das mal in einem Aufsatz beschrieben (für dessen dämliche Überschrift im Original ich nicht verantwortlich bin): „Trau keinem über 27„.

Warum ich das heute notiere? Weil mich gerade  eine Pressemitteilung des Landesjugendrings NRW anspringt. Die Pressesprecherin schreibt dazu in der E-Mail:

„Wir schicken Ihnen und Euch deswegen heute unsere Forderungen an Europa, die wir in unserem Europabeschluss auf unserer letzten Vollversammlung formuliert haben. Dazu haben wir Wahlplakate unter die Lupe genommen und gemerkt: Würden die Parteien sie an uns junge Menschen richten – die Inhalte läsen sich fast wie die Abschnitte unseres Beschlusses…“

Die da von sich als Teil der jungen Menschen spricht ist, wenn ich das richtig sehe, auch schon 30 Jahre alt, ihre Vorsitzende, die ebenfalls hauptberuflich Lobbyarbeit macht, ist nochmal fünf Jahre älter. Wer die Pressemitteilung liest (pdf) kann sehen, was das Problem mit dieser Vereinnahmung der Jugend durch Erwachsene ist.

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