Frau Dozierende normiert die Maske

+ >Wie überzeugt man die Studierenden, im Hörsaal eine Maske zu tragen? Ich habe 3 Dinge gemacht, und danach hatten 99% eine Maske auf.< (Prof. Maike Luhmann)

 

Das Peinliche an solchen Leitfäden sind zwei Dinge: Zunächst die unglaubliche Überheblichkeit, wer vorne steht ist allgemein wissender als das Auditorium. Deshalb kann sich die Dozentin auch zu allem äußern und in allem belehren, es muss nichts mit ihrer Forschung zu tun haben.
Und zum anderen das Sichzueigenmachen fremder Behauptungen. Denn der Schutz vor Infektion durch eine (irgendwie getragene) Maske wird in unterschiedlicher Intensität behauptet, kann sich aber als effektiv bisher nur unter Laborbedingungen erweisen. Es wäre daher wissenschaftlich korrekt, auf entsprechende Studiendaten zu verweisen anstatt ein angebliches Allgemeinwissen zu behaupten.

+ “Der 24. Februar 2022 markiert eine Zeitenwende in der Geschichte unseres Kontinents.” Das hat Bundeskanzler Olfaf Scholz drei Tage nach Beginn des russischen Überfalls auf die Ukrainie in einer hernach viel gelobten Regierungserklärung gesagt – und dies vor allem mit der Ankündigung von 100 Milliarden Euro Militärausgaben extra handhabbar gemacht.

“Wir erleben eine Zeitenwende. Und das bedeutet: Die Welt danach ist nicht mehr dieselbe wie die Welt davor.”

Auch das sagte Scholz am 27. Februar. Und noch drei weitere Male taucht das Schlagwort “Zeitenwende” in seiner Rede auf.

“It was Germany’s biggest foreign policy shift since the Cold War, what Mr. Scholz called a ‘Zeitenwende’ — an epochal change — that won applause for his leadership at home and abroad.”

Schreiben Katrin Bennhold und Steven Erlanger in der New York Times dazu.
Die Zeitenwende stand auf Scholz’ Agenda – wenn auch anders choreografiert. Am 25. August 2021, also vor der Bundestagswahl, hatte er in einem ARD-Interview gesagt:

 “Ich habe mir vorgenommen, dass wir jetzt an dieser Zeitenwende etwas dafür tun, dass das Leben besser wird in Deutschland, dass mehr Respekt in unserer Gesellschaft herrscht und dass wir die ganz große Veränderung bewältigen, die notwendig ist, um in 25 Jahren klimaneutral zu wirtschaften. (…) Das ist die größte industrielle Modernisierung Deutschlands seit wahrscheinlich über 100 Jahren und das ist ehrgeizig, aber es geht. Ich traue mir zu, das hinzukriegen, so dass wir in 10, 20, 30 Jahren noch gut bezahlte Arbeitsplätze haben in einem Land, das weltweit wettbewerbsfähig ist.”

+ Zu den Dingen, die viele Journalisten nicht verstehen (oder sich in der Berichterstattung dieses Verständnisses nicht bedienen) gehört der Föderalismus. Jeder Unterschied zwischen den Bundeländern genügt da zum Ruf nach Vereinheitlichung, zur Diagnose “Flickenteppich“. Klar, aus Journalistensicht ist die Welt einfacher, wenn überall dasselbe gilt. Es ist aber auch in vielen Fällen die schlechteste Lösung – was man natürlich nur sehen kann, wenn man sich mit den Unterschieden befasst.
Zum Standardinstrumentarium der Föderalismuskritik gehört im Journalismus, jeweils die nicht zuständigen Bundesminister oder alternativ irgendwelche Parteifunktionäre zu zitieren. Bei der Corona-Politik führt das dazu,  dass Karl Lauterbach zu allem, was in einem der 16 Länder geschieht, seinen Senf dazugeben kann (seit Wochen penetriert er uns alleine mit seinen Weisheiten zum Münchner Oktoberfest).
Nur: Im demokratischen Diskurs wäre völlig irrelevant, was Lauterbach zur Gesundheitspolitik in den Ländern meint, wenn Journalisten nicht versuchten, ihm qua Medienpräsenz Relevanz zu verleihen. Lauterbach ist eben für die Gesundheitspolitik der Länder in weiten Teilen nicht zuständig, und wer den Föderalismus nicht komplett abschaffen will (u.a. wegen der ewig zitierten Lehren aus der Hitler-Zeit), der sollte ihn in diesen Angelegenheiten auch vollständig ignorieren.
Was vermutlich auch deswegen nicht gelingt, weil zumindest Politikjournalisten einen ausgeprägten Fable für Hierarchie haben. Denn nur so funktioniert Instant-Berichterstattung, die sich nicht mit Inhalten beschäftigen muss. Und da ist ein Bundesgesundheitsminister eben hierarchisch über dem zuständigen Landesminister, und darüber kommt die EU und darüber die WHO. Je höher das Amt, um so richtiger die Politik, so einfach geht die Rechnung.

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