Messermänner, Ampelkinder und Bahnmilliarden

+ Die Berichterstattung zum Messer-Amok im Regionalexpress von Kiel nach Hamburg am Mittwoch (25.01.2023) ist so skandalisierend und profitsüchtig wie immer und nicht anders zu nennen als: großes Bohei. Auf den Titelseiten natürlich der Aufmacher, dann eine Seite mit “Reaktionen auf die Attacke” (welcher Schülerzeitungsredakteur könnte die Statements nicht selbst schreiben?), Hintergrundberichte und natürlich Kommentare, online noch Live-Ticker. (Screenshot: BILD, Video Spiegel) Anstatt daraus zu machen, was Redaktionen mit 99,9% von “unnatürlichen Todesfällen” auch machen, nämlich gar nichts oder bei lokalem oder regionalem Bezug eine kleine Meldung. Zwei Tote, fünf Verletzte, ja das ist zum Glück nicht Alltag in Zügen. Aber auf der Welt halt schon. Für eine größere Berichterstattung ist nicht entscheidend, ob etwas oft oder selten vorkommt, sondern ob es statistisch erwartbar war oder nicht, ob man damit rechnen konnte. Und mit jeder Art von Gewalttat durch einen Bekloppten muss man eben jederzeit rechnen, das statistische Normalmaß ist hier noch lange nicht überschritten. Diese Sichtweise zynisch zu finden ist je nach Einsichtsfähigkeit entweder deppert oder selbstherrlich. Natürlich ist das alles schrecklich, das muss aber kein Unbeteiligter, Unbetroffener, Unverwandter und Un-Bekannter groß erzählen, weil es sonnenklar ist. Es ist aber auch jeder Autounfall tragisch, jeder tödliche Sturz von der Leiter, jede schwere Verletzung im Schulsport, häusliche Gewalt und so weiter und so fort. Man könnte dies alles immer beklagen (und als Politiker den Rettern danken, schärfere Gesetze fordern, vor Pauschalisierungen warnen und dabei alles schön fürs eigene Süppchen instrumentalisieren). Aber wegen der begrenzten Aufnahmekapazitäten des großen Publikums konzentrieren sich alle Verwertungsinteressenten auf ein, zwei Skandale und Katastrophen pro Woche.
Womit die Tat, die nun mit dem Halteort Brokstedt verbunden wird, wirklich nichts zu tun hat ist Ausländerkriminalität. Hier geht es vielmehr um die Tat eines Serienkriminellen, ob nun psychopathologischer oder sonstiger Natur. Und das haben wir leider wirklich auch täglich bei Sexualstraftaten. Dieses Fass darf und muss immer aufgemacht werden: wo es  nicht ums strafen geht, sondern um den Schutz der Bevölkerung vor Gemeingefährlichen. (Tucholsky: “Es gibt kein staatliches Recht des Strafens. Es gibt nur das Recht der Gesellschaft, sich gegen Menschen, die ihre Ordnung gefährden, zu sichern.”) (Siehe dazu auch: “Messerattacke kein relevantes Thema“)

+ Unser liebster volkseigener Betrieb Deutsche Bahn hat im letzten Jahr wieder Gewinn erwirtschaftet: eine Milliarde Euro, sagt Vorstand Richard Lutz (Jahresgehalt ein Promille davon, 900.000 Euro etwa). Wenn das nicht eh eine Milchmädchenrechnung wäre (weil der Konzern ja permanent Steuergelder braucht), dann wäre es kein Grund zur Freude (für Lutz), sondern für Empörung bei uns Bahnkunden: weil wir dann nämlich eine Milliarde Euro zuviel gezahlt haben, für Leistungen, die gar nicht erbracht wurden bzw. nicht gekostet haben, was berechnet wurde.
(So wie jeder Sparkassen-Neubau ein Ruf in die Welt ist: seht her, wir verprassen eure Zinsen, anstatt euch weniger zu schröpfen.)

+ Eine kleine Ortschaft, eine Durchgangsstraße, ja, schon Autoverkehr, aber nicht dicht an dicht. Und doch kommen offenbar vor allem Kinder nicht so einfach von eienr Seite auf die andere. Deshalb gibt es eine Unterschriftensammlung für ein Ampel oder einen “Fußgängerüberweg” (Zebrastreifen). Daraufhin wird eine Verkehrszählung veranlasst, weil es ja für alles in Deutschland Regeln gibt, um heranch weiterzuschauen, Anträge zu stellen… Wenn ich mir die Situation selbst vor Ort anschaue, dann frage ich mich, wie die Menschheit überhaupt bis hierher kommen konnte, bis kurz vorm Atomkrieg, kurz vorm selbstgemachten Klimakollaps, bis zur Herzchirurgie oder der Marslandung. Wenn es offenbar nicht möglich ist, dass Kinder in ihrem Wohnort von einer Straßenseite auf die andere gelangen können, ohne dass dafür ein behördlicher Zauber veranstaltet wird. Weil Auto- und LKW-Fahrer zu doof sind oder Eltern oder Kinder oder alle gemeinsam. Dass daher jeden Tag mehr neue Probleme auf den Plan treten, als bestehende trotz aller Technik gelöst werden, liegt fast auf der Hand. Und wo wir doch spätestens seit Corona nun alle eine Vorstellung von exponentiellem Wachstum haben…

+ Die  Aufarbeitung von Fehlern der Corona-Politik beginnt ja allmählich. Die ZEIT hat nun Statements von Politikern, Wissenschaftlern, Journalisten und Aktivisten veröffentlicht. In der Resonanz dazu steht dem Jubel der “Maßnahmenkritiker” Kritik der “Coronisten” gegenüber. Beispielhaft dazu Jonas Schaible (Spiegel):

Jetzt erklären da alle nur, dass ihnen lieber wäre, sie hätten X nicht getan, aber es ist völlig ahistorisch, weil ignoriert wird, wie die Wissen-, Begründungs- und Alternativenlage der Zeit war. So eine wichtige Frage und so eine unernste Aufbereitung, ich komm gar nicht klar. (Schaible auf Twitter)

Es ist völlig richtig, dass man alle Handlungen immer in ihrem zeitlichen, sozialen und sonstigen Kontext sehen muss. Aber alle wesentlichen Fehler der Pandemiepolitik beruhen schlicht darauf, dass Menschen Tatsachen und Meinungen verwechselt haben, dass sie meinten Dinge zu wissen, die sie gar nicht wissen konnten, weil es eben nicht um Fakten ging, sondern um deren Bewertung oder sogar nur Erwartung (bei Prognosen). Es hat zumindest in der öffentlichen Kommunikation (die nicht-öffentliche kennen wir kaum) völlig gefehlt, den Irrtum bei der Interpretation von Fakten einzupreisen und bei Bewertungen sämtliche Alternativen zu prüfen.

Der in seiner öffentlichen Erscheinung insgesamt kaum erträgliche Frank Montgomery behauptet nun in der ZEIT:

Mein zweiter Fehler war der Glaube, mit Impfungen Herdenimmunität erzeugen zu können und dass Impfungen frei von Nebenwirkungen wären. (Frank Ulrich Montgomery in “Da habe ich mich geirrt”, ZEIT-online)

Wie kann ein Arzt “glauben”, eine Imfpung könne frei von Nebenwirkungen sein? Zumal bei einem neuen Impfstoff mit neuem Verfahren? Er muss wissen, dass es soetwas nicht gibt. Weil jede Wirkung auch Nebenwirkungen hat, konnte man bereits im März 2020 eine Kosten-Nutzen-Rechnung verlangen. Es hat aber die meisten, vor allem die tonangebenden Politiker, Corona-“Experten” und Journalisten nicht interessiert, es war für sie alternativlos, mit der Gesellschaft ein bis dahin nicht dagewesenes Riesenexperiment zu machen und sich Allmachtsfantasien zu ergeben. Weshalb ich dann angesichts dieses Wahnsinns im Mai 2020 schrieb: “Wir retten Menschenleben mit Menschenleben, ohne darüber zu sprechen“.

+ Gewalt von der anderen Seite wird gerade wieder am Beispiel USA diskutiert: dieses Mal haben fünf schwarze Polizisten einen Schwarzen zu Tode geprügelt (Video 2). Der “Fall Tyre Nichols” wird wieder unter Rassismus verhandelt, dabei handelt es sich in diesem Fall ja wohl offensichtlich und auch sonst bei den meisten Taten schlicht um Polizeigewalt. Es macht das Problem gerade nicht kleiner, sondern größer, wenn man dies zur Kenntnis nimmt. Man kann sie auf jeder größeren oder mit Auflagen belegten Demonstration beobachten, nach Fußballbundesligaspielen, an jedem größeren Bahnhof… Noch aus der Diskussionsrunde um den Tod von George Floyd sei dazu auf einen Solotalk von Prof. Sam Harris verwiesen in seinem Podcast “Making Sense”.

+ Den Weg zum Staatskollaps durch Überblähung, auch bürokratische Super Nova zu nennen, können wir in jeder Kommune beobachten: Wer noch Lokalzeitung liest wird feststellen, dass auch bei ihm die Verwaltung stetig wächst. Immer neue Aufgaben werden zur Erledigung gefunden, was immer mehr Personal erfordert – aller Effizienzsteigerung, Digitalisierung und Automatisierung zum Trotz. Wir erinnern uns, dass selbst in der Corona-Pandemie, als praktisch alles stillstand, die Bundeswehr zur Hilfe eilen mussten, um Telefonhörer zu bedienen, weil die Angestellten des Kulturamtes, das wg. Lockdown keine Kultur mehr zu verwalten hatte, vollständig mit bleistiftspitzender Trauerarbeit befasst war. Wer keine Lokalzeitung liest, bekommt hier ein Beispiel von Bundesebene: Ausgerechnet die “Bundesagentur für Arbeit”  hat trotz sinkender Klientenzahl immer mehr Arbeit und schafft daher eifrig Arbeitsplätze.

+ Der Dorfpfarrer, der dort aktiv war Jahre bevor ich hinzog, unterrichtete jedes trauwillige Paar höchst persönlich in der Kunst des Beischlafs. In der Erwartung, vor der kirchlichen Hochzeit sei selbstverständlich noch kein Sex geprobt worden, empfahl er – übereinstimmenden Berichten von ihm Getrauter nach – für den Akt der Entjungferung ein Kissen unter dem Po der Frau zu platzieren. Darüber wurde immer noch viel gekichert, als ich ins Dorf zog und der sexualkundlich bewanderte Pfaffe längst andernorts Pension bezog. Doch was können wir nun im Fachblatt “Sexologies” lesen? Die vom Popen empfohlenen Missionarsstellung mit kissenerhöhtem Becken der Frau führt am ehesten zum weiblichen Orgasmus. Ob’s ihm darum ging, weiß ich nicht, aber seine Eheberatung war im Ergebnis weniger Macho als man beim ersten Hören denken mag.

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