Rezept Roggenbrot mit Sauerteig ohne Hefe

Nein, ich werde kein Brotblogger (zumal das Bloggen an sich ja eine brotlose Kunst ist). Aber ein paar wenige Beiträge zum Brotbacken will ich hier doch anbieten (siehe: Übersicht Brotbacken). Heute: das klassische Roggenbrot ohne Hefezusatz. Davon allein gibt es natürlich unzählige Varianten (=Rezepte), sie füllen Bücher, Blogs, Seminare… Und vermutlich die meisten Sammlungen sind  empfehlenswert, vor allem die Live-Anleitungen bei Präsenz-Seminaren bzw. Workshops (jedenfalls ist das meine Erfahrung sowohl als Teilnehmer solcher Kurse wie auch als Veranstalter). Da ich mich hier an Menschen wende, die neu auf der Backspur sind (andere suchen nicht nach Rezepten), gibt es nachfolgend eine ausführliche Anleitung zur Mehrstufen-Führung des Teigs mit einigen Hinweisen auf Grundsätzliches.
Mehr Grundsätzliches findet sich im Stichwortverzeichnis, das aber nur langsam wächst. Denn es gibt natürlich noch viels zu sagen: Roggenmehl ist nicht gleich Roggenmehl. Sauerteig ist nicht gleich Sauerteig… und so weiter. Andere Roggenbrot-Rezepte sind am Ende verlinkt.

Grundrezept Roggenbrot mit 3-Stufen-Führung

Es ist die Version, die ich sowohl zuhause backe (1 Brot im Ofen) als auch im Holzfeuer-Backhaus (zurecht und nur zur Verwunderun Unkuniger “Holzofen” genannt, 40 Brote gleichzeitig). Ich empfehle die Beschäftigung mit dieser klassischen Methode, weil dabei jeder mit etwas Beobachtungsinteresse wesentliche Grundlagen der “Teigarbeit mit Lebewesen” kennenlernt. Es geht um das Zusammenspiel von Pilz-Bakterien-Kulturen mit Temperatur und Wasser, – im Ergebnis dann um die Verarbeitung von Mehl in Brot.
Man kann Roggenbrot auch in einer bequemen Zwei-Stufen-Führung backen (in Rezepten dann meist Sauerteig + Hauptteig genannt). Und man muss heutiges Roggenmehl auch gar nicht mehr als Sauerteig führen, es lässt sich inzwischen problemlos mit Hefe backen (schmeckt dann halt völlig fad). Daher hier zur Einführung eine klassische Variante.

Was brauchen wir dafür unbedingt?

– Zeit (haben wir natürlich alle, müssen wir uns nur dafür nehmen): Vom Start bis zum fertigen Brot etwa 24 Stunden
– Sauerteig, selbst gezüchtet (wenn noch nicht vorhanden, dann kommen 5 bis 7 Tage Vorbereitung dazu)
– Roggenmehl (Vollkorn oder Roggenmehl Type 1370 oder 1740)
–  Salz
– Wasser
– eine Waage
– eine große Schüssel (Metall oder Steingut)
– einen Backofen (am besten mit Backstein oder Backstahl)

Was wir noch brauchen können:
– eine Gärbox* (die Haushaltsvariante zum Bäcker-Gärschrank)
– einen Gärkorb* (für 2 kg)
– ein Thermometer bzw. eine Temperaturpistole
– Backmalz (Aromamalz, also enzymatisch inaktiv) oder Malzextrakt (Gerstenmalzsirup)
– einen Kesselschaber (einseitig abgerundete Teigkarte)
– eine Rasierklinge / ein scharfes Messer

Was wir vorhaben:
(Nur für diejenigen, die sich neu ans „Projekt Brot backen“ heranwagen, sonst zum nächsten Stichwort scrollen.)
Damit Roggenmehl gut verbacken werden kann – vor allem aber, damit es Aroma bekommt -, sollte es  (im Gegensatz zu Weizenmehl) gesäuert werden, sprich: es muss mindestens die Hälfte davon schon zu ausgereiftem Sauerteig geworden sein, bevor wir das Brot formen. Weil die Sauerteigreifung aus dem Nichts zwar funktioniert, aber einige Tage in Anspruch nimmt (Hefen und Bakterien vermehren sich zwar kontinuierlich, aber eben nicht von Null auf Hundert), braucht es eine Starthilfe oder Impfung. Dazu benötigen wir eine kleine Portion „fertigen“ Sauerteig (also einen Teil von genau dem, was wir am Ende haben wollen). Wer noch keinen Sauerteig hat, muss sich also einen züchten oder schenken lassen oder zur größten Not auf ebay kaufen.
Mit unserem Ausgangs-Sauerteig (oft “Starter”, „Anstellgut“ (ASG) oder “Sauerteigansatz” genannt) versäuern wir nach und nach in mehreren Stufen den gesamten Brotteig, das heißt: wir impfen unseren neuen Teig mit Bakterien und Hefen, die sich dann zügig vermehren. Das schrittweise Vorgehen dient der Geschmacksbildung und dem sogenannten “Ofentrieb” (damit das Brot auch aufgeht und kein harter Klotz wird), außerdem können wir die Entwicklung so wesentlich besser kontrollieren und steuern, als wenn man in einem einzigen Schritt Starter-Sauerteig und neues Mehl vermischt.
Für dieses schrittweise Vorgehen ist eine möglichst genaue Temperatursteuerung hilfreich. Es geht natürlich auch ohne – ich habe dieses Roggenbrotbacken auf dem Dorf von Leuten gelernt, die ihren Sauerteig in der warm-feuchten Waschküche vorbereiten, ohne jedes Thermometer, auch ohne Waage, alles “frei Hand” bzw. “aus der Lamäng” – aber den technischen Fortschritt darf man an dieser Stelle schon nutzen, zumindest wenn einem eben die wichtige Erfahrung fehlt – und man gerne nicht nur ein ordentliches, sondern ein sehr gutes Brot haben möchte. Die verschiedenen Temperaturen fördern jeweils unterschiedliche Bedingungen im “Ökosystem Brotteig”.

Rezept Roggenbrot / Roggenvollkornbrot

Für ein Brot mit ca. 2 kg Teiggewicht (nach dem Backen etwa 15% weniger) benötigen wir:
* 10-40 g Sauerteig (Ansatz/ Anstellgut, Konsistenz wie fester Brei)
* 1250 g Mehl (Roggenmehl, ggf. 10% durch Weizen oder andere Mehle ersetzen und 2% durch Röstmalz (Aromamalz), dann also: 1100 g Roggenmehl, 125 g Weizenmehl, 25 g inaktives Malz)
* 750-800 g Wasser (TA 161 bis 165; Anfänger nehmen die geringere Wassermenge)
* 27 g Salz

(Ich beschreibe zunächst das Grundrezept, danach Abwandlungen, Besonderheiten und Grundsätzliches zum Roggenbrot; alle Begriffe oder Schritte, zu denen unten oder im Blogbeitrag „Grundsätzliches zum Brotbacken“ (comming soon) noch weitere Erläuterungen folgen, sind mit einem * gekennzeichnet)

Damit Sie im Folgenden nicht rechnen müssen (und Rechenfehler vermeiden), sollten Sie sich die abgemessenen Mengen Mehl und Wasser bereitstellen und bei den weiteren Schritten davon nehmen – wichtig ist nämlich vor allem, dass am Ende das Verhältnis wieder stimmt, also die oben angegebenen Mengen Mehl, Wasser und Salz im fertigen Teig sind. Ob bei den einzelnen Schritten etwas mehr oder weniger Wasser oder Mehl hinzukommt, ist nicht so entscheidend – mit der entsprechenden Erfahrung werden Sie das immer nach Gefühl machen. Die angegebenen Uhrzeiten sind ein Beispiel für einen möglichen Ablaufplan. Dass allerdings Zeiten und Mengen sehr variabel sind bei unserem Naturprodukt Brot und daher alle Angaben nur eine Orientierung sein können, werde ich noch mehrfach betonen. Das Endgewicht des Teigs wird weniger sein als die Addition aller Zutaten – denn Sie haben immer Verluste: Teig, der in der Schüssel verbleibt, an irgendwelchen Rührgeräten (einschließlich der Hände) klebt etc. Je größer die Gesamtmenge, desto geringer ist im Verhältnis natürlich der Verlust.)
Und für Rechenfüchse: der exakte Wert für die “Teigausbeute” (TA) hängt natürlich vom verwendeten Sauerteigansatz ab (Menge und dessen Hydration, also Wasseranteil bzw. wiederum TA). Auch ein frei geschobenes Roggenbrot ist da aber recht tolerant, je nach verwendetem Mehl funktionieren TA 160 bis TA 175 ohne Tricks (wie Kochstück etc.).

1. Schritt [22 Uhr]
Wir nehmen unseren Sauerteig* (aus früheren Backaktionen oder frisch gezüchtet und daher vermutlich noch etwas schwach auf der Brust) aus dem Kühlschrank und geben davon ca. einen Esslöffel in eine Metall- oder Steingut-Schüssel, die später in unsere Gärbox* passt. Diesen Sauerteigansatz im Wasser auflösen, mit einem Holzlöffel rühren wir 200 g Roggenmehl und je nach Konsistenz (abhängig vom verwendeten Sauerteigansatz und dem verwendeten Mehl) ca. 300 g Wasser unter – so dass ein Brei entsteht.
Die Schüssel wird nun warm gestellt (Gärkbox* auf 30°C, nach 2 Stunden auf 28°C senken oder – beim Gehen über Nacht – gleich auf 28° einstellen).
Für 5 bis 12 Stunden in der Gärbox gehen lassen. Ab und an mal nach dem Teig schauen; Durchrühren – um Luft unterzuschlagen oder Gärgase auszutreiben – ist nicht nötig, auch wenn das in vielen Anleitungen steht, es schadet aber auch nicht, evtl. werden die Hefen minimal gefördert. Am Ende sollte der Teigansatz deutlich aktiv sein: ist der Ansatz sehr flüssig, sollten sich viele kleine Bläschen bzw. Poren an der Oberfläche zeigen, bei festerer Konsistenz geht der gesamte Teig in die Höhe, nimmt also sichtbar an Volumen zu und er zeigt eine schwammartig poröse Struktur unter der Oberfläche.
Tut der Teig dies noch nicht, muss diese wichtige Phase verlängert werden (ohne dass bei den folgenden Schritten zeitlich gekürzt wird). Die hier angegebene Zeitspanne für diesen Schritt ist so groß, weil es allein auf das Ergebnis ankommt, und das ist u.a. abhängig von der Qualität der Starterkultur (also des alten Sauerteigansatzes, den Sie hinzugegeben haben). Dieser Schritt wird daher auch „Anfrischsauer“ genannt: man bringt seinen Sauerteigansatz (Anstellgut, ASG abgekürzt) zusammen mit neuem Mehl und Wasser auf Trab, sagt ihm, dass es wieder Arbeit für ihn gibt. In diesem ersten Schritt sollen vor allem die Hefepilze vermehrt werden, die wir für den Ofentrieb brauchen, wenn wir keine Backhefe* zusetzen wollen.
Je länger der verwendete Sauerteigansatz zuvor gelagert worden ist, um so mehr Zeit braucht diese „Aufweckphase“. Oder anders: je häufiger Sie backen, um so weniger Zeit benötigt dieser erste Schritt. (Dazu unten noch etwas.)
Wenn der Teig in dieser ersten Phase “überreif” wird (zu erkennen daran, dass er bereits wieder in sich zusammenfällt, die Teigoberfläche also konkav ist), macht das nicht viel aus.

Wenn Sie genügend Sauerteigansatz haben, der frisch und aktiv ist, können Sie in für den ersten Schritt auch deutlich mehr nehmen (um ihn zu verwerten, anstatt etwas wegzuwerfen), z.B. 200 g. Dann verkürzt sich die Reifezeit natürlich (mehr Startkulturen,  die sich vermehren, füllen schneller den Raum). In den meisten Rezepten wird eine deutlich kleinere Menge Sauerteig zum Start benutzt. Je schwächer Ihr Ansatz ist, um so weniger davon sollten sie nehmen und um so länger braucht die erste Phase. Besser wird es dann, wenn Sie diese erste Phase nochmal in zwei oder drei Schritte aufteilen. Also mit nur einem Teelöffel ASG auf z.B. 100g Wasser und 100g Mehl beginnen, wenn sich da sichtbar was tut weiteres Mehl und Wasser hinzugeben. Denn ein Sauerteig, der nicht mehr aktiv ist, wird es natürlich auch im weiteren Verlauf nicht mehr, und wir wollen so wenig wie möglich “toten Sauerteig” im Gesamtteig haben.

2. Schritt [7 Uhr am nächsten Tag]
Es kommen zum bisherigen Teig:
+400 g Roggenmehl
+300 g Wasser,
die werden wieder mit einem Löffel verrührt (es gibt hier nichts zu kneten).
Den Teig bei 25°C ca. 8 Stunden lang in der Gärbox arbeiten lassen. Es schadet nichts, wenn diese Phase verlängert wird (z.B. weil Sie lieber ins Büro gehen statt Ihrem Brotteig bei der Arbeit zuzusehen…).

3. Schritt [15 Uhr]
Es kommen zum bisherigen Teig
300 g Roggenmehl
und das restliche Wasser (also etwa 150 bis 200 g).
Der Teig lässt sich immer noch mit einem Löffel vermengen – wenn auch mit Mühe.
Bei 28°C lassen Sie den Teig nochmal etwa 4 Stunden gehen.

4. Schritt [19 Uhr]
Jetzt nehmen Sie von Ihrem Teig genau so viel weg, wie Sie am Anfang als Sauerteigstarter (Anstellgut) hinzugegeben haben (10 bis 200 g) und stellen diesen zurück in den Kühlschrank oder trocknen ihn (Infos dazu unten).
Danach kommen zum bisherigen Teig:
*das restliche Mehl (insgesamt 350 g), wer auch Weizenmehl bzw. überhaupt andere Mehle und/ oder Malz dazu nimmt: erst jetzt)
*das Salz (ca. 2% auf die Mehlmenge).

Dieser Teig lässt sich nicht mehr mit einem Löffel vermengen. Wer keine Knetmaschine* hat (die meisten Küchenmaschinen sind dafür nicht geeignet!) kann den Teig zunächst grob mit einem stabilen Handmixer* vermengen, danach aber bleibt die Handarbeit nicht aus. Roggenteig muss zwar nicht lange geknetet werden (anders als Weizenteig), aber er muss eine homogene Masse ergeben, es darf nirgends mehr Mehl sichtbar sein – und das erreicht man mit einem Handrührgerät nicht.
Per Hand bearbeitet man den Teig zwei bis drei Minuten, mehr ist nicht nötig. Er klebt gewaltig an den Fingern, das ist völlig in Ordnung (auch das ist ganz anders als bei einem Weizenteig, von dem ja bei den meisten Rezepten nichts an der Hand bleibt, wenn er fertig geknetet ist). Nun ein wenig Mehl über den Teigklumpen streuen (z.B. mit einem Teesieb, das wird viel feiner als wenn man einfach aus der Hand Mehl auf den Teig wirft) und mit wenigen Handbewegungen zu einer Kugel formen (jetzt klebt der Teig nicht mehr!), die oben nicht glatt sein muss (man nennt diese offene Stelle den „Schluss“).

Teig mit wenig Wasser, trocken

feuchter Teig, gelingt nur im Gärkorb

Diesen Teigballen mit dem Schluss nach oben in einen bemehlten Gärkorb* legen und diesen für 1,5 bis 3 Stunden in die Gärbox bei 32°C stellen. Der Teigling ist backfertig, wenn er deutlich aufgegangen ist (in einem 2 kg-Gärkorb erhebt sich die Mitte des Teigs etwas über den Korbrand). Er verdoppelt sein Volumen aber nicht, wie das immer für Hefeteige als Maß benannt wird!
Direkt oder bald nach dem Brotformen den Ofen mit Backstein* bei maximaler Temperatur* eines normalen Haushaltsofens aufheizen (250 bis 280 Grad), so dass der Backstein bis zum Backbeginn mindestens 1,5 Stunden Zeit hatte, Wärme zu speichern. Auf den Boden des Ofens kann man eine kleine Metallschüssel mit Nägeln oder Schrauben stellen, um später Dampfschwaden* zu erzeugen.
Wer keinen Backstein hat, muss nur ca. 30 Minuten aufheizen (jedenfalls auch länger, als das Kontrolllämpchen des Ofens sagt: wenn der Ofen das erste Mal die Zieltemperatur erreicht hat, ist noch längst nicht alles wirklich auf diese Temperatur gebracht – was aber wichtig ist.

5. Schritt [21:30 Uhr; fertig um 22:40 Uhr]
Den Teig aus dem Gärkorb zum Backen in den Ofen bringen. Dazu stürzt man den Teigling aus dem Gärkorb entweder direkt auf den Backstein (wenn der Ofen eine ausziehbare Auflage hat) oder auf einen mit Grieß oder Kleie (Bäcker sagen dazu gerne “Staubmehl”) bestreuten Brotschieber („Backschaufel“) oder – der “Plötz-Hausfrauentrick” – auf eine Platte mit Backpapier, von der man dann den Teigling mit dem Backpapier auf den Backstein im Ofen zieht. Vor diesem Schritt fürchten sich Anfänger zurecht, aber letztlich ist es mit etwas Übung wirklich kinderleicht. Zwei Herausforderung gilt es dabei zu meistern: Erstens will man sich nicht verbrennen, darf also mit seinen Händen nirgends an den heißen Ofen kommen; zweitens soll der Teigling so sanft wie möglich in den Ofen verbracht werden, damit nicht die sorgsam aufgebaute Kohlendioxid-Füllung entweicht und aus unserem schön aufgegangenen Brotteig ein Fladen wird. Die einfachste Vorgehensweise ist: Gärkorb mit Teig vor sich stellen, ein Backpapier darauf legen, ein Backblech oder großes Brett drüberlegen, Gärkoborb und Backblech gemeinsam fest anpacken und umdrehen – so fällt der Teigling absolut sanft auf das Backpapier.)

Sie können das Brot vor dem Backen nun auch noch einschneiden: mit einem scharfen Messer oder einer Rasierklinge z.B. ein Kreuz in die Oberseite ritzen. Ob Sie das tun wollen, ist vor allem eine ästhetische und nur ein wenig eine geschmackliche Frage, probieren Sie es einfach mal mit und mal ohne Schnitt aus. Wenn alles gut gelaufen ist, geht das Brot im Ofen nicht mehr stark auf, das heißt es vergrößert sein Volumen (und damit auch seine Oberfläche) nicht mehr nennenswert. Schneiden Sie den Teigling oben ein, bekommen Sie mehr dunkle Kruste (“Ausbund” genannt) und das Brot wird minimal höher als ohne Einschneiden. Je nach ästhetischem Geschmack sieht das ganz schön aus, aber beim Mengenbacken im Backhaus (40 Brote bei unserem Ofen) macht das fast niemand. Eine gute Alternative zum Einschneiden ist nämlich, das aus dem Gärkorb gestürzte Brot noch einige Zeit (je nach Konsistenz / TA z.B. 15 Minuten) außerhalb des Ofens zu lassen. Dabei läuft es etwas in die Breite, es bilden sich so von alleine Risse in der bemehlten Oberfläche.

Wenn Sie lieber eine glänzende Kruste haben, schneiden Sie den Teig nicht ein – und streichen  das Brot zu Beginn und am Ende des Backvorgangs mit Salzwasser* ab. Damit eine geschlossene Kruste entsteht ohne Risse, muss der  Teigling dabei Vollgare haben, das heißt soweit aufgegangen sein, dass im Ofen kein Wachstum mehr dazukommt (während wir z.b. bei Baguett gerade erst im Ofen einen Großteil des Wachstums haben wollen, weshalb die Teiglinge bei sehr knapper Gare eingeschossen werden, nur so bilden sie einen großen Ausbund).

Das Brot wird nun ca. 70 Minuten gebacken. Zunächst bei voller Temperatur* (250 bis 280°C), nach 20 bis 30 Minuten auf 200°C, nach 60 Minuten auf 180°C fallend. Wie es in jedem Backrezept heißt: der tatsächliche Backverlauf muss Ihrem Ofen angepasst werden. Die eingestellte Temperatur muss keineswegs der tatsächlich im Ofen vorherrschenden Temperatur entsprechen, die Temperatur ist im Ofen an unterschiedlichen Stellen verschieden, es hängt von Ihrem Teig ab und so weiter. Zur Orientierung: die Bräunung des Brotes sollte im ersten Drittel der Backzeit erfolgen. Das Brot darf nicht schwarz werden (denn heller bekommen wir es hinterher mit keinem Trick der Welt mehr), ein nach 45 Minuten noch blasses Brot wird auch am Ende blass sein. So wenig hilfreich für Sie beim ersten Versuch der Hinweis ist, er lässt sich nicht vermeiden: Übung macht den Meister. Ich bin ja auch nur ein kleiner Selbstversorger-Bäcker, aber nach inzwischen wohl über 1.000 gebackenen Broten hat man halt einfach ein Gefühl dafür, wie der Temperaturverlauf gesteuert werden muss – und kann es leider doch nicht für alle Eventualitäten als Anleitung niederschreiben. Schließlich ist Brotbacken wie so vieles eben nicht nur Wissen, sondern auch Können – und das wächst mit Erfahrung.

Das gebackene Brot aus dem Ofen nehme und auf einem Rost auskühlen lassen. Roggenbrot schmeckt übrigens nicht frisch aus dem Ofen am besten! Lassen Sie es wenigstens komplett auskühlen. Und vergleichen Sie selbst: das Aroma ist am Tag nach dem Backen noch besser! (Das einzige, was den Genuss trüben kann, ist hohe Luftfeuchtigkeit, die zu einer weichen Kruste führt und uns viel vom Erlebnis Roggenbrot nimmt – aber das Wetter haben wir eben nicht in der Hand.)

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Weitere Erläuterungen (zu den mit * gekennzeichneten Stichworten):

* Teigführung
Es gibt nicht die eine Methode, Roggenteig backfertig zu versäuern. Das hier vorgeschlagene Verfahren orientiert sich einerseits an der klassischen 3-Stufen-Führung, bei der jeweils unterschiedliche Eigenschaften des Teigs gefördert werden sollen, andererseits an meinem Interesse, es möglichst einfach zu haben. Man kann den Teig auch in einem einzigen Schritt versäuern (je nach Länge der Reifezeit nimmt man dazu die Hälfte des Roggenmehls oder mehr). Allerdings fehlt einem solchen Teig je nach Temperatur dann meist Hefe, so dass er ohne Zusatz von Backhefe nicht genügend aufgeht. Ich habe überhaupt nichts gegen Backhefe, aber wenn es mit etwas Geschick auch ohne geht finde ich das attraktiv – daher kommt mein Rezept ohne Hefe aus (wie übrigens jedes Roggenbrot vor der Erfindung der Press- und Trockenhefe…)
Wer Erfahrung hat, wird die Teigführung seinen Bedürfnissen anpassen (z.B. damit das Brot mehr oder weniger sauer schmeckt), – aber für mich passt das so. Es gibt eine dicke, sehr kräftige Kruste und eine deutlich säuerliche Krume. Mir schmeckt darauf Süßes wie Salziges – aber da gehen auch in der Familie die Meinungen auseinander…

* Sauerteig
Da wohl jeder Brotblogger mindestens einen Beitrag über den Sauerteig verfasst, gibt es dazu im Internet Informationen en masse – und ich kann dem nichts Sinnvolles hinzufügen. Einerseits ist die Sache sehr einfach, zum Heranzüchten eines Sauerteigs sei z.B. verwiesen auf die Anleitungen bei Geißler
oder der Luz-Mühle.

Andererseits ist die Sache schon sehr komplex – und wer es genauer wissen und versehen will, sollte sich Fachliteratur wie das “Handbuch Sauerteig” besorgen (über 400 Seiten, Preis 106 Euro, herausgegeben von Dr. Markus Brandt und Prof. Dr. Michael Gänzle).
Betont sei allerdings noch, dass sich die Herstellung eines Natursauerteigs aus spontaner Gärung und die Versäuerung neuen Mehls mit einem fertigen Sauerteigansatz unterscheiden: im ersten Fall wird aus Mehl, Wasser und Luft überhaupt erst ein Sauerteig gebildet, im zweiten Fall wird ein vorhandener Sauerteig (Starter, Anstellgut) vermehrt.

Wenn man seinen Sauerteigansatz aus getrocknetem Sauerteig herstellt, muss man mehr Zeit einplanen. Wie das mit dem Lagern und Reaktivieren von Sauerteig funktioniert, ist z.B. bei Reichl/ Kappl kurz beschrieben.

– Mengenangaben und Zeitangaben
(siehe dazu auch im Artikel “Grundsätzliches zum Brotbacken”) [comming soon]

Je feuchter der Teig, um so eher benötigen Sie einen Gärkorb. Beide Brote auf diesem Bild enstammen demselben Teig: links frei auf einem Brett gegangen ist es zu einem flachen Fladen ausgelaufen, das rechte Brot durfte bis zum Backen im Gärkoborb (oben zu sehen) verbleiben (daher auch das Mehl auf der Oberseite). Das linke Brot ist sehr dunkel, was dem Backen im Backhaus geschuldet ist – da ist die Hitze sehr abhängig davon, wo der Teigling liegt (und demanch u.a. auch, wann er eingeschossen und wann er rausgeholt wurde; die Backzeiten bei 30 bis 50 Broten in einem Backhaus unterscheiden sich eben bei jedem einzelnen Brot). 

Die Konsistenz des Teigs steuern Sie im letzten Schritt, wenn alle Zutaten im Teig sind. Ein geformter Teigballen sollte Ihnen nicht sofort in die Breite laufen. Wenn Sie mit Gärkorb arbeiten, kann der Teig mehr Wasser vertragen. Wer ohne Gärkorb arbeitet, sollte zumindest am Anfang nur die 750 g Wasser nehmen (TA 161 ), oder etwas mehr Mehl im letzten Bearbeitungsschritt nehmen, dann ggf. auch noch etwas Salz hinzufügen, 2% auf das neu hinzugegebene Mehl, also bei 50 g zusätzlichem Mehl auch noch 1 g Salz.

Die angegebenen Gär- bzw. Gehzeiten hängen wesentlich von Ihrem Sauerteigansatz ab (und natürlich der jeweiligen Temperatur – wenn Sie von der angegebenen nach unten abweichen, dauert es entsprechend länger). Im Zweifelsfall verlängern Sie vor allem die Zeit beim ersten Schritt: wenn ihr “Startguthaben” nicht aktionsfreudig ist, wird alles andere auch nichts – jedenfalls nicht in der vorgegebenen Zeit.

– Mehltypen und Wassermenge / Schrot
Ein Roggenbrot gelingt problemlos auch ohne Zusatz von Weizenmehl. Trotzdem wird in Bäckereien fast immer Weizenmehl untergemischt, bei einem Anteil bis 10% darf es sich noch „Roggenbrot“ nennen, erst bei einem höheren Anteil anderer Mehlsorten heißt es „Roggenmischbrot“. Wenn Sie es geschmacklich wünschen, ersetzten Sie im letzten Schritt einen Teil des Roggenvollkornmels z.B. durch Weizenmehl. Sicherlich lässt sich dies beliebig weiter variieren – aber dann sind wir bei der von Lutz Geißler benannten Problematik, dass unser Leben nicht reicht, alle Variationen zu backen – und erst recht nicht, sie alle zu beschreiben.

Eine recht weit verbreitete Spielart ist es, einen Teil des RoggenMEHLS durch RoggenSCHROT zu ersetzen, also durch nur grob gemahlene Körner. Vom Nährwert her nimmt sich das alles nichts, ein Vorteil jedoch ist: wenn Sie das Schrot vor der Zugabe in den Teig mit genügend Wasser 24 Stunden im Kühlschrank quellen lassen, nimmt es mehr Wasser auf, als es das Mehl im Teig schafft – und damit erhöhen Sie den Wasseranteil im Brot (ohne allzugroßen Einfluss auf die Teigeigenschaft). Diese Schrotzusätze bezeichnet man als “Quellstück” (und wenn Sie es mit kochendem Wasser übergießen als “Brühstück”). Für Singlehaushalte mag das ein Trick sein, ansonsten sollte so viel Brot gegessen werden, dass Ihres gar nicht erst in die Verlegenheit kommt, über Gebühr auszutrocknen (und eine Woche hält sich das Brot auch ohne Finessen bei einer TA von ca 165; ich lagere es dazu nie in einer Brotbox/ einem Tontopf oder ähnlichem, sondern habe es einfach auf der Brotschneidemaschine stehen, gelegentlich mit einem Tuch abgedeckt).

Ich persönlich brauche keinen Schrot in diesem Brot – da ich Vollkornmehl verwende, ist auch so alles drin, und fürs “Kernige” backe ich mir ein eigenes Brot, in das dann noch zig andere “Körner” kommen. Aber wenn Sie es probieren wollen: Nehmen Sie 24 Stunden vor Beginn der Teigzubereitung 100 g Roggenschrot und geben 200 g warmes Wasser hinzu, in dem Sie 10 g Salz aufgelöst haben. Gut vermengen, nach dem Abkühlen in den Kühlschrank stellen. Die obige Zutatenliste reduzieren Sie dann um 100 g Mehl, 100 bis 150 g Wasser und 10 g Salz (Ihr Teig enthält also am Ende 50 bis 100 g Wasser mehr als bei der Rezeptur ohne Schrot).

– Malz
Auf die Mehlmenge bezogen verwende ich ungefähr 2% enzymatisch inaktives Backmalz, auch treffend “Aromamalz” oder „Röstmalz“ genannt. Denn genau dafür ist es da: für die malzige Note, die beim Backen die ganze Stube herrlich erfüllt und auch aus dem fertig gebackenen Brot noch lecker verströmt. Es ist jedenfalls nicht als “Backhilfsmittel” notwendig, es kann daher problemlos weggelassen werden (dann stattdessen eben 25 g Mehl). Auch beim Malz gibt es große Unterschiede. Ich kaufe meines bei der Adler-Mühle, einmal habe ich das von Spiegelhauer versucht, das war dagegen völlig langweilig.
Einen echten Kick gibt Malzextrakt – auch Malzsirup genannt. Vor der Erfindung von Nutella kam Malzextrakt gerne auf das Brot, weil diese Gerstenmasse durch die Verarbeitung süß schmeckt. In unserem Teig hingegen ist es nicht nur Zucker für die Hefe (also deren Nahrung, was zu einer stärkeren Gasbildung führen sollte und dem Brotteig damit Trieb gibt), Malzextrakt beeinflusst auch Krume und Kruste. Wiederum: probieren Sie es aus! Röstmalz wie Malzsirup sind natürliche Produkte, aber wer sie aus dogmatischen Gründen nicht im eigenen Brot einsetzen mag oder sie schlicht nicht zur Hand hat: es geht auch ohne, ich habe jahrelang ohne Malz gebacken – aber ich mag jetzt in diesem Brot nicht mehr darauf verzichten.
Wenn Sie Malzextrakt verwenden wollen: nehmen Sie etwa 25 g im letzten Schritt der Zutatenzugabe. Malzextrakt ist so zäh, dass Sie bei den Mengen von Mehl und Wasser nichts ändern müssen – es kommt einfach noch dazu, „on the top“. Mit Malzextrakt wird Ihr Brot deutlich dunkler, Sie müssen die Temperatur daher früher reduzieren.

– Die Gärbox
Der technisch bedeutendste Fortschritt in meiner Bäckerkarriere hat nur 80 Euro gekostet: eine Gärbox mit Temperatursteuerung. ES IST GENIAL. Hier beschrieben.

Weitere Rezepte & Erfahrungen zum “normalen Roggenbrot”:
Brote kann man natürlich in hunderttausenden von Varianten backen, daher hier nur Links auf einige wenige Rezepte für Roggenbrot:
Lutz Geißler: Helles Roggenbrot  (mit Vorteig und Brühstück aus Altbrot)
Björn Hollensteiner: “Alpenroggenbrot 2” (benannt nach der Mischung “Alpenroggenmehl“); als Mischbrot gibt es ein tolles Rezept vom Profibäcker Dietmar Kappl: Alpenlaib

 

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